Dienstag, 6. Dezember 2016
2.Advent und Nikolaus an Bord
Am 2. Advent wacht das Boot zur üblichen Zeit langsam auf. Die Morgenwache hat noch das Grinsen aufgrund des Sonnenaufgangs im Gesicht und die ersten anderen verschlafenen Gestalten schleppen sich nach oben und starten ihr Aufwachprogramm. Der Skipper liegt grinsend auf seinem Spinnakercanapeé, zufrieden mit dem Ergebnis der Nacht und überlegt weitere Optimierungsmanöver.

Plötzlich ist es vorbei mit der Ruhe. Eine ganze Delphinfamilie umkreist unseren Bug und fasziniert uns alle mit ihrer Geschmeidigkeit und Verspieltheit. Mindestens zehn Prachtexemplare spielen eine Viertelstunde mit unserer Welle. Ein sehr schöner Moment und die ganze Crew hängt an der Reling.

Nach dem Abzug der Delphine versuche ich wieder mein Angelglück und werde mit drei Goldmakrelen nur heute richtig belohnt. Als Abendessen gab es dann auch ein hervorragendes Thai-Curry mit Reis und frischem Fisch. Abgerundet wurde dies wieder durch unser bekanntes Wasser, Font Vella, Nordhang.

Unseren Leichtwindspinnaker "Le Bleu" mit 181 qm haben wir nun seit drei Tagen fast komplett gesetzt. In den ersten Tagen hat er uns von der Flaute "Stichwort: Das blaue Feld wabert hinter uns her" weg zum grünen, stabilen Feld gebracht. Die Farben beziehen sich hier auf die Farben der Wettervorhersagekarte ( Gribdaten). Seit heute, Nikolaus, kommen wir nach Aussagen unseren lokalen Wettergurus in den Passatwind. Es gibt ihn also doch !

Die Temperaturen steigen. Wir fahren nachts unsere Wachen nur mit kurzer Hose, T-Shirt und Rettungsweste. Heute ist das Teakdeck wirklich glühend heiß und ich habe mich zum Schreiben in den Salon verzogen. Puh, ist das heiß. Mit Befremden erhalten wir aus der Heimat so komische Nachrichten, wie: Berlin Wannsee -3°C / Landsberg am Lech, kalte Füße auf dem Weihnachtsmarkt. Wir können dies gar nicht einordnen :-)

Leider hat uns der Nikolaus nicht erreicht. Ganze Schuhbatterien waren im Salon aufgestellt, am nächsten Morgen immer noch leer, schade. Aber zum Frühstück gab es dann Pfannkuchen zur Entschädigung.

Ein weiteres Highlight war dann um 15:47 Uhr das Knacken der 1.000 sm-Grenze Restdistanz nach St. Lucia !

Ansonsten leben wir unseren Rhythmus und genießen dies - Zeit ist keine Dimension



A, B und Z: So einfach lebt es sich mit drei Prioritäten
An Bord der Charisma ist das Leben ganz einfach organisiert und es lebt sich so angenehm damit.

Priorität A hat alles, was mit dem Schiff und dem Fortkommen in der Regatta zusammenhängt.
Für die Crew sind das die dreistündigen Wachen, zu denen jeder ohne Murren aufsteht, egal zu welcher Uhrzeit und alle Segelmanöver, die der Skipper sich ausdenkt. (Inzwischen verstehen wir die Matrosen von den alten Windjammern, die sich hinter dem Rücken vom Kapitän zuflüstern: "Was halt der Alte jetzt wieder vor ?").
Für den Skipper ist es das stündliche Anflehen der Gribdaten auf dem ipad nach mehr Wind und die Suche nach den ominösen Passatwinden.

Priorität B hat das Wohlbefinden der Crew und auch das eigene.
Da steht natürlich die Küche und Backschaft (Spülen und Aufräumen). Die Meuterei auf der Bounty begann mit einer schlechten Pantry. Das kann bei uns aber nicht passieren. Auch das klappt wunderbar, Michael und Gregor fangen an die Menüreihenfolge zu besprechen und schon wird geschnibbelt, geputzt, geschält, geschabt und zerlegt, was erforderlich ist. Jeder packt mit an, ohne zu hinterfragen, ob man jetzt dran ist. Genauso geht es mit dem anschließenden Spülen. Toll, wie sich das eingespielt hat.

Priorität Z hat der Rest und wird also auch gerne nach hinten geschoben. Geplante Salzwasserduschen finden zwei Tage später statt, als ursprünglich geplant. Größere Blogpausen entstehen genau so. Bücher werden gelesen, oder auch nicht.

Häufig beobachten wir die unendliche Weite des Atlantiks, unserer faszinierenden Umgebung.

Wir haben ja Zeit und diesen Luxus geniessen wir an Bord der Charisma auf dieser besonderen ARC2016.



Samstag, 3. Dezember 2016
Im Flautenfeld
Nachdem wir die Kaltfront durchfahren haben, hatten wir die Hoffnung, dass sich das dahinterliegende Windfeld als beständig erweist und uns Richtung Süden zu den Passatwinden bringen soll. Leider ist dem nicht so und wir dümpeln nun den zweiten Tag im Flautenfeld. Gerade versuchen wir so weit, wie möglich nach Süden zu kommen. Wer kennt nicht die Mär vom Topf mit Gold am Ende des Regenbogens. Man muss nur da hin fahren........

Unsere Ankunft in St. Lucia verschiebt sich nun und wir rechnen erst am 13.12 oder 14.12 anzukommen. Wie hat der Skipper es treffend zusammengefasst: Proviant und Einstellung paßt !

Wir haben uns als Crew einfach den Gegebenheiten angepaßt und nutzen intensiv die Zeit für alle möglichen Dinge. Gerade, während ich dies schreibe schlägt Michael unserem Bordbäcker Horst vor, ein Sonnenblumenbrot zu backen. Dieser nimmt das begeistert auf, liest aber erst mal weiter. Wir befinden uns hier in einer zeit- und raumlosen Umgebung. Irgendwann wird er es machen und dann steht das Brot dampfend und duftend vor uns. Horst hat sich nämlich an seine WG-Zeit vor ca. 40 Jahren erinnert und bäckt uns inzwischen hervorragende (!) Brote. Für morgen, 2. Advent, hat sich die Crew Sesamsemmeln mit Monogramm gewünscht, mal schauen, was draus wird.....

Wasser ist genügend da und bisher gab es auch noch kein Gericht aus unserer Pantry zweimal, ausgenommen das Morgenmüsli und der Kaffee. Sogar Konservendosen sind noch nicht angetastet worden.

Uns geht es also sehr gut und wir geben uns den natürlichen Gegebenheiten hin.



Wie segeln wir auf der Charisma während der ARC 2016?
Bei den Vorbereitungen sprach man von Champagnersegeln, heißem Teakdeck, achterlichem ständigen Passatwind und einigen Squalls. Laue Mondnächte runden das Bild ab. Na ja, das stimmt ja wohl bisher kaum.

Zuerst findet diese ARC aufgrund des Termins hauptsächlich bei dunklen Nächten statt. Vollmond hatten wir beim ersten Sundowner ins Las Palmas und werden ihn erst wieder in der Karibik haben.

In den ersten 24 Stunden nach dem Start konnten wir fantastisch Spinnakersegeln, anschließend haben wir die Genua ausgebaumt und sind im Sinkflug mit vollem Groß dahingerauscht. Dies ging 4 Tage und Nächte mit Windstärke 6-7 und Wellen mit 3 bis 4 m Höhe.

Die Nächte waren der Hammer ! Voll konzentriert auf den Kompass und die Windanzeige rauschen wir so dahin und prägen den Ausdruck Bärenar...segeln :-)

Das Flautenloch südlich von den Kanaren umschiffen wir erfolgreich und kommen sehr gut voran, weil wir uns in der nördlichen Route aufhalten. Andere Schiffe fahren hinein und fangen an zu motoren. Inzwischen sind mindestens 6 Schiffe nach den Kapverden abgebogen, da sie Diesel benötigen. Was für eine Kurzsichtigkeit ! Bei uns an Bord wird natürlich nur gesegelt !

Wer uns also im Tracker verfolgt, sieht andere Schiffe vor uns in der Plazierung. Nach der Ankunft müssen diese jedoch ihre Motorstunden angeben und werden entsprechend zurückgestuft. Wo wir dann stehen werden, ist rein spekulativ.

Nach dem Rauschen hat uns dann aber doch, passend zum 1. Advent, die Flaute erwischt. Was ist unsere Reaktion ? Genießen und feiern :-)

Da wir eh nichts machen konnten, haben wir die Segel eingeholt und uns treiben lassen. Ankern konnten wir nicht, da an Bord der Charisma nicht ausreichend Kette vorhanden ist. Normalerweise nimmt man ja das 3-5 fache der Wassertiefe, was bei 2.000 m Wassertiefe einfach zu rechnen wäre......

Mittags gab es einen Rinderschmorbraten ( kein Gag ! ) und der Skipper öffnete das Weinschap. Das war ein Traum ! Wir brauchten nicht viel und waren direkt beseelt.

Michael holte noch seine Gitarre raus und vollendete das Ambiente - ein Traum !

Morgens um 06:00 Uhr spürte der Skipper die erste Brise und anschließend gingen wir wieder in den Regattamodus zurück.

Na ja, nicht ganz. Nebenbei schmiss ich mal wieder die Angel raus und genau um 09:15 kam der erste Fisch an Bord ! Eine Goldmakrele, ca. einen halben Meter lang :-)
Absolut einfach ihn an Bord zu holen und in unsere Fisch-Supply-Chain einzugliedern: Christoph fängt - Peter holt ihn mit dem Kescher an Bord - Genickschlag - Dirk nimmt aus und filettiert - Michael bereitet zu und alle essen begeistert - halt perfekt organisiert in dieser Crew. Die zweite Goldmakrele kam direkt zwei Tage später.

In den nächsten zwei Tagen nach dem 1. Advent fühlten wir uns in die Trans Ocean versetzt. Dort ist ein beherzter Anwindkurs mit viel Schräglage ja üblich, aber auf der ARC ? Heftiger Ritt mit viel Schräglage und viel Speed. Nur die Leetoilette war benutzbar und für jeden Gang braucht man das Doppelte der normalen Zeit.

Anschließend gab es wieder zwei Tage mit schönem einfachen 3-5er Wind, bis uns die Flaute wieder für 24h packte. Jetzt geht es gerade wieder mit Rauschewind (5bft), raumschots und Spinnaker in den Sonnenuntergang hinein.

Überhaupt ist hier die Aussicht zu jeder Zeit fantastisch. Egal ob nachts mit einem grandiosen Himmelszelt, tagsüber mit den schönsten Wolkenformationen oder beim Sonnenuntergang, wenn die Sonne in den Atlantik plumpst - Einfach grandios die Natur.



Sonntag, 27. November 2016
Die Küche an Bord der Charisma
In der Vorbereitungswoche in Las Palmas hatte sich irgendwie etwas abgezeichnet, was ich aber so nicht erwartet hatte.

Sehr früh bei der Nahrungsplanung und -beschaffung hat Michael das Zepter in die Hand genommen und Constantin hat ihn gewähren lassen - er wusste warum.

Bei unseren Restaurantbesuchen überliessen wir also Michael, der auch noch fließend spanisch spricht, die Bestellungen und es schmeckte immer köstlich. Bestellen kann er also schon mal.

Als besonderes Highlight entschlossen wir uns dann einen ganzen 5 Jahre alten Bellota-Schinken zu kaufen. Er hängt nun innen am Mast und wird täglich etwas kleiner und mundet uns hervorragend in unseren Zwischenmahlzeiten.

Bevor ich kurz einige Menüs aufzähle, muss ich erwähnen, dass diese Gerichte von Michael bei Windstärken zwischen 5 und 7 mit meist achterlichen Wind, also verbunden mit den rollenden Bewegungen des gesamten Schiffes, zubereitet werden. Wir haben echt Probleme uns beim Schlafen entsprechend zu verkeilen, trotzdem zaubert Michael in der Küche Thai-Curry mit Hühnchen und Reis, Ratatouille, Steak ( perfekt medium ! ) mit Bohnen und Nudeln mit Thunfischsoße. Zwischenmahlzeiten wie Avocado mit Kirschtomaten, Pelotoschinken und Käse werden gereicht, Chapeau !

Natürlich schnibbelt der Rest der Crew und spült ab, aber Michael müssen wir bei Laune halten :-)

Das Frühstück ist meistens ein leckeres Müsli mit frischen und sehr leckeren Mangos, Ananas und Mandarinen oder Rührei mit Chorizo, also auch abwechslungsreich.

Die Wahl des Aperitif, des Digestiv und der Weine zu den Menus ist sehr schnell gefällt. Es wird ein klares Sacalm aus der Font Vella, Jahrgang 2016, gereicht. Während der Regatta, also ca. 20 Tage , halten wir uns ohne Alkohol. Ganz ehrlich kann man das Alles hier auch besser genießen und keiner vermisst ihn. Der erste Mochito in der Karibik wird also der Hammer.